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Wednesday, June 18, 2008

Der (Un)Geist Brüssels

Zum irischen Nein zu Lissabon kommt der einzige vernünftige Kommentar erwartungsgemäß von außerhalb der EU: aus der Schweiz, wo die Medien noch nicht zur Gänze gleichgeschaltet sind:

"Demokratie ist, wenn am Ende das herauskommt, was die Regierung vorher wollte. Das Volk darf als Akklamationsinstrument die Pläne der Obrigkeit beglaubigen. Stellen sich die Bürger dagegen, haben wir es mit «Populismus», «diffusen Ängsten» oder «Undankbarkeit» zu tun.

Das ist kein Zynismus, sondern eine wertneutrale Zusammenfassung der Deutungen und Reaktionen aus Brüssel auf das Nein der Iren zum EU-Reformvertrag.

Von Beginn weg lief das europäische Reformverfahren gegen elementare rechtsstaatliche und demokratische Grundsätze. Im Sommer 2005 wurde die gross lancierte EU-Verfassung in den Niederlanden und Frankreich an den Urnen versenkt. Das auf über250 Seiten aufgeblähte, unleserliche Konvolut fand keine Mehrheit. Die nur schlecht getarnte Absicht, die Europäische Union mit den Vollmachten und den Symbolen eines Bundesstaates zu versehen, wurde durchschaut und abgewehrt. Wozu auch braucht ein Staatenbund, der angeblich kein Bundesstaat sein will, eine Verfassung samt Hymne, Präsident und Aussenminister?

Folgerichtig zogen die Euro-Politiker die ihnen genehme Konsequenz: Sie änderten die Verpackung, bewahrten den Inhalt, streuten neue Buchstaben ein und hofften, die in «Reformvertrag» umbenannte Verfassung an den Stimmbürgern vorbei in den Parlamenten durchzuschmuggeln. Es war geradezu frech, wie sich Merkel, Sarkozy und seinerzeit Blair für dieses Hintertreppenmanöver in aller Öffentlichkeit auch noch auf die Schultern klopften. Die Iren freilich liessen sich nicht für dumm verkaufen. Nach dem Nein müsste die Ratifizierung jetzt eigentlich sofort gestoppt werden, dennoch will die Euro-Elite unter KommissionsPräsident Barroso während des Verfahrens die Regeln ändern und weitermachen. Einzelne Politiker legten den Iren drohend nahe, sie sollten aus der EU austreten. Die Union gibt sich als das zu erkennen, was sie seit ihrer Gründung ist: ein bürgerfernes Elitenprojekt ohne demokratische Grundlage."

Zitat aus "Der Geist Brüssels" von Roger Köppel, aus der Weltwoche, 25/08

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